Wellerswalde Kirche

Wellerswalde Kirche

Adresse

Kirchstraße 9a
04758 Liebschützberg

 

Dass die Akustik in der Wellerswalder besonders für das Singen ganz hervorrragend ist, zeigen die Konzertmitschnitte vom Weihnachtskonzert des TMG-Chores Oschatz im Dezember 2011 - hier hochzuladen!

Seit der Gründung des Dorfes Wellerswaldes – wahrscheinlich im 13. Jahrhundert – gehörte ein Kirchengebäude zum Erscheinungsbild dazu. Wahrscheinlich wurde damals bereits eine Steinkirche errichtet. Ob dieses Bauwerk schon einen Turm besessen hat, muss offen bleiben. Die heutige Gestalt der Kirche geht auf einen grundlegenden Um- und Neubau zurück, der im Jahr 1702 durchgeführt wurde und bereits mit der Familie von Oppel in Verbindung steht, die seit 1654 das Rittergut Wellerswalde besaß und bis 1945 das Kirchenpatronat innehatte. Über dem Westeingang sind die Namen der vier Brüder von Oppel mitsamt ihrem Wappen verzeichnet, die den Neubau vorantrieben und finanzierten. Ob damals ältere Bauteile mit einbezogen wurden, ist umstritten. Möglicherweise entstammen die Wände des Altarraums dem Vorgängerbau, vielleicht auch der Unterbau des Turms. Der Turm selber sowie die Einwölbung des Altarraums sollen jedoch von 1702 stammen. Die Außenarchitektur ist seitdem mehr oder weniger unverändert geblieben. Das bauliche Zeugnis des Kirchenpatronats – die Herrenloge – ist jedoch seit der Sanierung in den 1990er Jahren verschwunden, sie befand sich im hinteren Teil der Nordwand.

Die heutige Innenausstattung ist von schlichter Schönheit. Besonders eindrucksvoll zeigt sich der Raum am Vormittag, wenn das Sonnenlicht den Altarraum beleuchtet. Die Innenausmalung geht auf eine Fassung des späten 19. Jahrhunderts zurück, die bei der großen Sanierung nach der Wende wieder hergestellt wurde. Die stattliche Orgel wurde im Jahr 1908 von der Firma Schmidt und Berger (Borna) errichtet. Damals wie heute wird von Sachverständigen ihre Qualität gelobt.
Der Altarraum hat in den letzten Jahrzehnten mehrere Veränderungen erfahren. Jüngste Anschaffung sind die Lampen plus dem Kronleuchter im Schiff, die erst vor einigen Jahren angeschafft wurden. Weiter sind die Kanzel und besonders der Altar verändert worden. Eine Aufnahme aus der Mitte des 20. Jahrhunderts zeigt noch das Altarbild mit Statue und die höher gestellte Kanzel.

Beides ist bei Sanierungen zu DDR-Zeiten verändert worden. Damals wurde auch das Ziegelpflaster eingebaut. Der Raum darunter ist vollständig als Grablege und Gruftraum ausgebaut. Neben Angehörigen der Familie von Oppel haben dort auch vorherige Rittergutsbesitzer bestattet, so die Familie von Truchsess. Ein bei der letzten Öffnung aufgefundener Gedenkstein wurde neben der Kanzel aufgestellt und erinnert an Carl Wilhelm von Oppel (+1833), der unter anderem der Direktor der Sächsischen Porzellanmanufaktur sowie Mitglied im Landtag war.
Ein beeindruckendes Zeugnis der Vorfahren ist der Grabstein an der Nordseite des Altarraums.

Anna, ein Töchterlein des damaligen Gutsbesitzers Georg von Truchsess, starb im Alter von nur einem ¾ Jahr. Dass die Familie so aufwendig an ihr Kind erinnert, ist in dieser Zeit, Ende des 15. Jahrhunderts oder 16. Jahrhunderts, durchaus ungewöhnlich. Es muss für die Eltern ein großer Verlust gewesen sein. Direkt daneben befindet sich eine hölzerne Tür zu dem nördlich angrenzenden Raum, der im vierten Abschnitt beschrieben wird. Diese Tür wurde erst zur letzten Sanierung wieder geöffnet. Zur Ausstattung der Kirche – sehr wahrscheinlich als Teil eines Altaraufsatzes - gehörte wohl auch die hölzerne Figur der Heiligen Margarete, die im Besitz der Kirchgemeinde ist. Eine Nachbildung kann in der Heimatstube des Heimatvereins besichtigt werden.
Im Turm hängen zwei Glocken, die dritte wurde zu Kriegszwecken beschlagnahmt und ging verloren. Auch die mittlere der Glocken musste abgeliefert werden, doch sie überstand den Krieg und konnte zurückkehren. Die beiden Bronzeglocken haben ein stattliches Alter und wurden 1491 bzw. 1537 gegossen. Vielleicht kann irgendwann einmal der Guss einer dritten Glocke gelingen, um das Geläut wieder zu komplettieren.

Eine interessante Geschichte weist der nördliche Anbau an die Kirche auf. In der neuen Sächsischen Kirchengalerie vom Anfang des 20. Jahrhunderts ist zu lesen, dass dieser Anbau von Karl Julius Wilhelm von Oppel im Jahr 1843 als Grabkapelle errichtet wurde. Richtig ist, dass in diesem Jahr der Raum zu einer Grabkapelle mit darunterliegender Gruft umgebaut wurde, weil der Raum im Chor durch Bestattungen vollständig belegt war. Nicht richtig ist, dass das Gebäude zu diesem Zweck errichtet wurde. Es stand damals längst. Das beeindruckende Zellengewölbe lässt eine ziemlich genaue Datierung zu, denn mit dieser besonderen Gewölbetechnik wurde nur zwischen 1470 und 1530 gearbeitet – wichtige Zeugnisse dieser Gewölbearten finden wir im Wurzener Bischofsschloss sowie in der Meißner Albrechtsburg.

Der nördliche Anbau stammt unzweifelhaft aus dieser Zeit und hat sich im Gewölbe, in den aufgehenden Außenmauern und mit einem ganz kleinen Teil des ursprünglichen Ziegelpflasters – unmittelbar hinter der Verbindungstür zur Kirche – bis heute erhalten. Mit seinen rund 500 Jahren ist es somit das älteste erhaltene Bauwerk Wellerswaldes, im heutigen Zustand mit dem 1843 eingebauten Gruftraum, der neogotischen Außenfassade, dem – heute stark zerschlissenen – Altar sowie den erneuten Umbauten zur Sanierung 2010/2011, die vor allem durch eine großzügige Spende der Familie von Oppel möglich wurde.

Eine weitere Besonderheit ist dieser beeindruckende hölzerne Kopf des Hl. Jakobus, als Schutzheiliger der Pilger an der Jakobsmuschel am Hut erkennbar (Foto vor der Restaurierung). Durch eine Spendenaktion wurde es möglich, die Büste vor dem Verfall zu retten. Seit Juni 2013 ist sie als Dauerleihgabe in der benachbarten Kirche zu Lampertswalde aufgestellt. Dort kann sie - mitten am Ökumenischen Pilgerweg auf der alten via regia - in der Grünen Sakristei besichtigt werden.